Flachwagen

Dieser Artikel erschien in der MIBA 8/1993 . Spätere Aktualisierungen sind rot gekennzeichnet. Letzte Aktualisierung: 1. Februar 2009

Flachwagen, das sind die zweiachsigen S- und die vierachsigen SS-Wagen, wobei das "S" ursprünglich für "Schienenwagen" stand. Die Flachwagen hatten oft auch Rungen, die vierachsigen immer, aber im Gegensatz zu den R-Wagen keine Seitenwände, und die Rungen waren von Anfang an aus Stahl, während die R-Wagen anfangs nur hölzerne Rungen aufwiesen.

Ein Modell eines zweiachsigen S-Wagens ist bis vor kurzem nicht auf dem Markt gewesen. Weder ein Großserien- noch ein Kleinserienhersteller hat sich dieser Fahrzeuge angenommen, obwohl beispielsweise von der Länderbahn-Bauart S05 1952 noch um die 500 Stück, vom S14, der Verbandsbauart, noch fast 2000 Stück im Bestand der Bundesbahn gezählt wurden. Da hat es schon Modelle von weitaus selterenen Fahrzeugen gegeben! Liegt diese Enthaltsamkeit an konstruktiven Schwierigkeiten? Verkauft sich so ein Wagen schlecht auf dem Spielzeugmarkt?

WEINERT hat nunmehr allerdings eine Bresche geschlagen: Der Sm(r)35 ist als Bausatz erschienen. Der Smr35 entstand gehörte ebenso wie der Smr34 zu den geschweißten Bauarten, die in den dreißiger Jahren entstanden. Man wird diese Vorbildauswahl mit gemischten Gefühlen betrachten, denn einerseits ist dieser Flachwagen wegen seines Schweizer-Käse-Langträgers ein interessantes, typisches Fahrzeug, andererseits war er aber eine Splittergattung, denn die DB zählte 1950 ganze 15 Stück - zum Vergleich: Vom S14 gab es 1952 etwa 1900, vom Sm34 190. Aber der Smr35 war wiederum eine langlebiges Fahrzeug, denn 1967 wurde er noch als Kp474 in den Unterlagen geführt.

Von WEINERT kennt man Bausätze, die im wesentlichen aus Zinnguß bestehen, natürlich versehen mit zahlreichen Einzelteilen aus Messingguß. Dieser Bausatz ist von anderer Art: Er besteht überwiegend aus geätzten Messingblechteilen, und das ist eine gute Wahl, denn der Aufbau des Rahmens läßt sich so am besten nachbilden, bei Zinnguß wäre die Wandstärke einfach zu dick, und der Wagen müßte plump wirken und würde sehr schwer.

Die andere Technologie muss aber niemanden entmutigen, der damit noch keine Erfahrung hat, denn der Bausatz läßt sich auch kleben und damit nicht anders montieren als die anderen WEINERT-Bausätze auch. Allerdings ist sehr davon abzuraten, der Empfehlung der Bauanleitung folgend Sekundenkleber zu benutzen; die Klebekraft ist zu gering und die Gefahr groß, dass Sie die Teile schon nach einem nur leichten Stoß zwar unversehrt, aber wieder einzeln in der Hand halten. Zweikomponentenkleber sollte es schon sein; der läßt Ihnen auch genügend Zeit, die Teile auszurichten. Da Sie Messing im Gegensatz zu Zinn auch risikolos über 200 °C erhitzen können, bleibt Ihnen im Falle, daß was schiefgeht (im eigentlichen Sinne des Wortes), auch der Rückweg offen. Die Bauanleitung wechselt zwischen Kleben und Löten; das sollte man auf gar keinen Fall wörtlich nehmen. Entweder - oder! Denn der Klebstoff wird eher weich als Lötzinn, und er ist entflammbar; es kann Ihnen also passieren, daß Ihr Klebestellen abbrennen. Wenn Sie in irgendeiner Phase vom Löten zum Kleben wechseln, bleiben Sie dabei! Sinnvoll ist es beispielsweise, gelötete Baugruppen bei der Schlussmontage zu verkleben.

Aber eigentlich muss man einen solchen Bausatz wie diesen Smr35 löten. Ob Kolben oder Flamme, das ist natürlich Geschmacks- oder Übungssache. Der Autor schwört auf die Flamme, weil man damit erstens berührungslos arbeiten kann, und weil sie zweitens die Lötstelle sehr viel schneller erhitzt, was deutlich die Gefahr vermindert, dass anderswo ein Teil wieder abfällt. Auch wenn Sie noch nie soetwas gemacht haben: Lassen Sie sich nicht abschrecken! Natürlich ist dieser Smr35 kein ausgesprochenes Anfängermodell, aber auch nicht der letzte Schwierig­keits­grad und im Vergleich zu anderen Messingbausätzen, etwa von PERL oder BAVARIA sogar eher leicht. Pirschen Sie sich an die Technik heran und löten Sie zum Einstieg vielleicht die 4 Schubkarren aus Pitters Pappkiste, und dann zur Sicherheit noch den Postkarren von Cramer, und dann kann's losgehen. Das waren noch Zeiten, als es die gab!

Das Schwierigste an diesem Bausatz hat Ihnen der Hersteller nämlich schon abgenommen: Das Biegen des Rahmens. Was Ihnen die Arbeit weiter leicht machen wird, ist, dass die Teile des Bausatzes wie immer bei Weinert vorbildlich passgenau sind. Selbst heikle Stellen wie Schlitze, in die andere Bleche gesteckt werden, passen auf Anhieb tadellos. Die ohnedies notwendigen Vorarbeiten wie das Versäubern und Entgraten der Bauteile sind natürlich vorausgesetzt. Nicht ganz so einfach geht es - materialbedingt - mit Gussteilen wie den Pufferbohlen, hier müssen Sie die Absätze hinter der Bohle seitlich und unten solange befeilen, bis sie knapp in den Rahmen passen. Gleiches gilt für die Rungenhalter, die ebenfalls nicht ohne Arbeiten an den Zapfen in ihre Löcher passen. Ebenso müssen die Rungen in die Rungenhalter eingepaßt werden, und ob das Fahrzeug mit oder ohne Rungen verkehren soll, überlege man sich vorm Lackieren; hinterher bekommt man sie nicht mehr hinein.

An die Montagereihenfolge der Bauanleitung können Sie sich halten, ohne sich in Schwierigkeiten zu bringen (keine Selbstverständlichkeit in dem Gewerbe!). Aber Sie machen sich das Leben etwas leichter, wenn Sie die Blechstreifen (Teil 34) als letztes, nach den Pufferbohlen und den Rungenhaltern, auflöten. Außerdem habe ich das Abdeckblech (Teil 16) vor den Seitenblenden mit der Bodengruppe verbunden, weil diese Seiten­bleche die Kante des Bodenbleches mit abdecken. Übrigens empfiehlt sich hier wie immer, der Bauanleitung ein paar Schritte voraus zu denken, d.h. auch Teile einbaufertig zu machen und einzupassen, die erst später zu montieren sind.

Nur in einem Punkt muss der Bauanleitung ernsthaft widersprochen werden. Es ist teuer, umweltschädlich und überflüssig, Azeton zum Reinigen vorm Lackieren zu verwenden. Waschmittellauge (Waschmaschinen-Waschmittel) tut das gleiche genausogut - es trocknet nur etwas langsamer! Und zu guter letzt noch eine Anregung: Könnte man einem solchen Bausatz nicht auch gleich eine DR-Beschriftung beilegen?

Das fertige Ergebnis Ihrer Bemühungen finden Sie in Abb. 6. Typische Ladegüter sind natürlich Schienen - mit einer Länge von 13,1 m war der Wagen geeignet, die zu Reichsbahnzeiten noch teilweise üblichen 12 m langen Schienenstücke zu transportieren - sowie andere Stahlprodukte (Profile oder Bleche), auch Fahrzeuge, Holz, Maschinenteile, Transportkisten.

Weitere zweiachsige Schienenwagenmodelle sind übrigens im Anrollen: AKU hat dem S14 für 1994 angekündigt, und HEYL hat seit längerem den ursprünglich bayrischen Sk04 im Katalog, Lieferzeit allerdings "unbestimmt". Und bei den Ankündigungen ist es bis heute - 10 Jahre später - geblieben.

Zur Spielwarenmesse 2009 hat FLEISCHMANN nun endlich den S14 ins Programm genommen! Applaus!

Übersicht Modellfotos
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L5850493
Smr35 von Weinert
L9920233
FLEISCHMANN S14
L9981314
FLEISCHMANN S der ÖBB