Dieser Artikel erschien in den MIBA-Heften 10 & 11/2000. Spätere Aktualisierungen, z.B. wegen neuer Modelle, sind rot gekennzeichnet.
Letzte Aktualisierung 12. April 2021, die Modellfotos sind auf den neuesten Stand gebracht, und bei dieser Arbeit wird einem so richtig klar, wie viele
der einst geschätzten Modelle den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen, und nicht immer gibt es einen angemessenen Ersatz. So fehlt für dem
Schwefelsäure-Kesselwagen von einst SACHSENMODELLE, heute TILLIG, ein Nachfolgemodell, denn der genietete Kessel war etwas Besonderes.
Juli 2022: Dieser MIBA-Artikel ist nun 22 Jahre alt. Ich habe ihn geschrieben aus Freude an den Modellen und aus Interesse an den Fahrzeugen, von denen ich Hunderte
fotogafiert habe. Über Gleise und Weichen der deutschen Bahnen habe ich eine umfangreiche Sammlung an Unterlagen des Vorbildes; so etwas auch über
diese Wagen einzusammeln war nicht mein Ding, und ich hätte nicht die Zeit dazu gehabt. Das haben andere getan, und angesichts der Bände 9.1 und 9.2 von
Stefan Carstens und das Heft mit den Umbauten wirkt dieser Webseite hier ziemlich dilettantisch. Aber was soll's, das war die Zeit, und die schreitet nun mal fort,
Zu den Aufgaben, die die Eisenbahnen mit der beginnenden Industrialisierung übernehmen mussten, gehörte auch
der Transport von Chemikalien; besondere Vorkehrungen waren dabei aus naheliegenden Gründen für die Beförderung
ätzender oder giftiger Substanzen zu treffen. So entstanden schon früh Spezialfahrzeuge für diesen Zweck:
Säuretopf-, später dann auch Säurekesselwagen und andere Spezialkesselwagen. Man spricht zwar allgemein von
Säuretopf- bzw -kesselwagen, mit Fahrzeugen dieses Typs werden aber auch andere aggressive Substanzen befördert,
konzentrierte Laugen z.B. oder stark oxidierende Chemikalien wie Wasserstoffperoxid (H2O2).
Zu den Säuren, deren
Transport Spezialfahrzeuge erfordert, gehören insbesondere Schwefelsäure, Oleum, Salzsäure,
Salpetersäure,
Flusssäure und Phosphorsäure - übrigens fast ein Monopol der Bahn, denn die meisten dieser Substanzen dürfen aus
Sicherheitsgründen nicht auf der Straße reisen. Und darüberhinaus gibt es jede Menge andere Stoffe und Chemikalien,
deren Transport wegen Ihrer Aggressivität, ihrer Reaktionsbereitschaft oder ihrer Giftigkeit besonderen
Fahrzeugen vorbehalten bleibt, dazu gehören u.a. Chlor, Brom und Schwefeldioxid, aber auch z.B. metallisches
Natrium. Die behandeln wir hier gleich mit, insbesondere im Bildteil! Auf den MIBA-Artikel hin kam ein Leserbrief, der sich
akribisch damit auseinandersetzte, dass Chlorgas keine Säure sei - nicht dass ich sowas auch noch als Imehl bekomme....
Säuretopfwagen
Dass Steingut selbst den stärksten Säuren widersteht, war schon den Alchimisten bekannt. Wahrscheinlich wurden
schon vor der Erfindung der Eisenbahn Steinguttöpfe für die Beförderung ätzender Chemikalien benutzt. Anfangs
verlud man die Steinguttöpfe selbst auf offene oder gedeckte Wagen; bald aber beließ man die Töpfe dauernd auf
den Fahrzeugen, und der Säuretopfwagen war geboren. Da diese Töpfe nun nicht mehr einfach ausgegossen werden
konnten, musste man sie mit Druckluft entladen; jeder Topf hat daher zwei Anschlüsse, einen blau gekennzeichneten
zum Einblasen der Luft, einen roten, aus dem die Säure herausgedrückt wird. Ein Topf hatte ein Fassungsvermögen
von 800 bis 1200 l, 8 bis 14 Töpfe standen auf einem Wagen.
Für die Konstruktion der Säuretopfwagen galten Abnahmevorschriften, die gewisse bauliche Sicherheitsvorkehrungen
verlangten. Der Boden der Wagen musste aus Holzbrettern mit Nut und Feder bestehen und zu den Längsseiten des
Wagens hin geneigt sein, um übergetretener Säure das Abfließen zu ermöglichen. Der Boden wurde mit Asphalt
gestrichen, darauf war ein Lattenrost zu legen. Es waren Abflusslöcher mit Bleirohren vorgeschrieben, die so
lang sein mussten, dass die Beschädigung von Fahrzeugteilen, etwa der Bremseinrichtungen, ausgeschlossen war.
Die Töpfe wurden unten durch geteerte Holzstücke so gehalten, dass sie sich auf keinen Fall verschieben konnten.
Oben nahm die Kräfte ein stählernes Haltegestell auf, das auch die Laufplanke für die Bedienung trug. Die Fugen
zwischen Topf und Gestell wurden durch verstellbare Holzklötze so ausgeglichen, dass sich die Töpfe keinesfalls
bewegen konnten. Später galt noch die Vorschrift, dass die Stirnwände des Wagen einen Meter über die Töpfe
hinwegreichen musste; so wurde in jedem Fall vermieden, dass bei Rangierstößen oder Unfällen Säure auf die
nächsten Wagen schwappen konnte. Säuretopfwagen waren immer sogenannte Vorsichtswagen, d.h. sie hatten stets eine Handbremse, und man durfte sie
nicht abstoßen oder ablaufen lassen.
Die Reinigung der Töpfe war natürlich mit großen Schwierigkeiten
verbunden, daher wurde mit einem Wagen normalerweise immer ein und dieselbe Chemikalie befördert, da sonst die
Gefahr der Verunreinigung oder gar unkontrollierter chemischer Reaktionen bestanden hätte. Das Ladegut war am
Wagen angeschrieben. Die pauschale Anschrift "Säuren und Laugen" am Modell von FLEISCHMANN ist daher mit
ziemlicher Sicherheit falsch, zumindest für die Epoche II und einen Privatwagen einer chemischen Fabrik. Erst
die Vermietgesellschaften der Epoche III wie die VTG, die ihre Wagen auch hinsichtlich der Transportgutes
freizügig halten wollten, legten sich da nicht fest - um den Preis einer aufwändigen Reinigung zwischen den
Vermietungen, wenn das Ladegut gewechselt wurde.
In der DDR wie im ganzen Osten haben die Säuretopfwagen übrigens sehr viel länger überlebt als bei uns, sie waren
bis 1990 noch in Betrieb. Da sie den RIV-Bestimmungen nicht mehr genügten (siehe MIBA 12/98), gehörten sie zu den
wenigen Wagen, die nur das MC-Zeichen trugen.
Säurekesselwagen
Die Beförderung ätzender Flüssigkeiten in Steinguttöpfen war, wie die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen
zeigten, nicht ganz ungefährlich, das Be- und Entladen zeitraubend, und so suchte man schon früh nach
Alternativen. Dem kam entgegen, dass das Reaktionsprodukt mancher Säuren mit bestimmten Metallen so hart
und stabil ist, dass es dem weiteren Angriff der Säure standhält. Am bekanntesten ist dieser Effekt, den man
Passivierung nennt, bei Schwefelsäure und Blei. So verwundert nicht, dass der älteste nachgewiesen
Säurekesselwagen (und einer der ältesten Kesselwagen überhaupt), ein sächsisches Fahrzeug von 1860,
Schwefelsäure in zwei Bleitanks beförderte, wobei wegen des hohen Gewichts und der geringen Härte des
Bleis, die dicke Wände erfordert, die Kessel recht klein waren. Eisen zeigt ebenfalls einen Passivierungseffekt unter konzentrierter Schwefelsäure, und so waren die ersten
richtigen Säurekesselwagen allesamt für den Transport dieser Säure gedacht. Salzsäure ließ sich etwa ab 1900
in Kesseln befördern, dann nämlich konnte man die Behälter mit Gummi auskleiden, das Salzsäure widersteht.
Zwischen den Weltkriegen war dann die Aluminiumindustrie entstanden; da dieses Metall den vorgenannten
Passivierungseffekt unter Salpetersäure zeigt, entstanden nun Fahrzeuge mit Aluminiumkesseln. Aluminium lässt
sich nicht mit Stahl verschweißen, und so wurden die Kessel durch Zugbänder auf den Untergestellen gehalten,
was den Wagen ein typisches Aussehen verleiht. Alle diese älteren Kesselwagen hatten keine Auslaufvorrichtung,
sondern wurden mit Druckluft entladen. Manche Chemikalien, z.B. Flusssäure oder Brom, dürfen
auch heute noch laut den Sicherheitsvorschriften überhaupt nur in Kesseln befördert werden, die keine Ventile
unterhalb des Flüssigkeitsspiegels aufweisen. Heute tragen Kesselwagen, die mit Druckluft entladen werden, oft
die Aufschrift "AIR".
Die alten Technologien werden auch heute noch unverändert für den Bau von Kesselwagen genutzt. Allerdings kann
man jetzt auch Kessel aus Edelstählen herstellen, die allen Säuren und Laugen gleichermaßen standhalten,
diese Kessel sind universell einsetzbar, was lange Standzeiten vermeiden hilft; aber solche Fahrzeuge sind
andererseits sehr viel teurer in der Anschaffung, und die bei einem Wechsel des Ladegutes erforderliche
Reinigung ist gefährlich und umweltbelastend. Man erkennt diese Wagen daran, dass an ihnen nicht eine bestimmte
Säure, sondern pauschal "Säuren", "Säuren und Laugen" oder "ätzende Chemikalien" als Ladegut angeschrieben steht.
Heute ist die Anschrift des Ladegutes, wie Abb. 26 zeigt, noch allgemeiner gehalten: "Entzündbare, ätzende,
giftige Flüssigkeiten gemäß Tankart ....", so dass sich also erst anhand eines Verzeichnisses der Tankarten
bestimmen lässt, wofür der Wagen geeignet ist und wofür nicht. Im übrigen gilt auch für die Kesselwagen das
oben für die Säuretopfwagen gesagte: Vermietgesellschaften legen sich hinsichtlich des Ladegutes möglichst
nicht fest, private Einsteller (oder langfristige Mieter) von Kesselwagen transportieren immer dasselbe und
können das Ladegut genau angeben, das zeigen auch die Vorbildaufnahmen.
Was im Einzelfall tatsächlich gerade im Kessel ist, wird heute wie auch bei Straßenfahrzeugen durch die
orangenen Warntafeln mitgeteilt. Die obere Zahl, die sog. Kemlerzahl, gibt die Gefahrenart an, die bei Säurekesselwagen meist "80"
ist; die "8" steht für "ätzend", gegebenenfalls verdoppelt für "besonders ätzend", die "0" verkündet, dass
das die einzige Gefahr ist. Die untere Ziffernfolge, die UN-Nummer, verschlüsselt das Ladegut, "1789" z.B. steht für Salzsäure.
Im allgemeinen erkennt man zumindest ältere Säurekesselwagen auf den ersten Blick: Ihre Kessel sind kleiner
als die der normalen Tankwagen der gleichen Epoche, sie fassen 150 - 220 hl gegenüber 240 - 300 hl Volumen bei
den Einheitskesselwagen. Dies liegt daran, dass das spezifische Gewicht konzentrierter Säuren deutlich höher
ist als das von Wasser oder gar von Mineralölprodukten, so dass zur Beförderung der gleichen Masse der Kessel
kleiner sein kann. Allerdings kann man sich auf diese Faustregel nicht immer verlassen, denn da z.B.
konzentrierte Schwefelsäure bei 7 °C gefriert und bei 10,36 °C wieder auftaut, hatten viele einschlägige
Fahrzeuge isolierte Kessel und sogar eine Heizvorrichtung (Heizstäbe, Heizmantel, früher auch Heizwanne), die
die Entladung auch bei kühlerem Wetter garantierte und den Kessel größer scheinen lässt; geheizt wird zumeist
mit Wasserdampf. Natronlauge wird immer in isolierten, heizbaren Kesseln befördert.
Großserienmodelle von Säuretopfwagen
Bedenkt man, wie selten Säuretopfwagen waren, so ist ihre Beliebtheit bei den Modellbahnherstellern schon
erstaunlich, und gerade in letzter Zeit war ja einen überraschender Boom an Neuerscheinungen zu verzeichnen.
Dies verdanken sie sicher ihrem ungewöhnlichen und typischen äußeren, dass andererseits auch wieder viele
Teile erfordert und hohe Kosten verursacht. Die Qualität der Modelle zu beurteilen ist nicht so einfach, denn
Säuretopfwagen waren ebenso wie die Kesselwagen immer Privatwagen, sie entsprachen also nicht einer offiziellen
Zeichnung. Das hat wiederum den Vorteil, dass man nicht zu kritisch zu sein braucht, denn möglich ist ja
bekanntlich alles. Die Untergestelle allerdings waren in aller Regel nach den Bauprinzipien ihrer Zeit gebaut,
und dem sollten auch die Modelle folgen.
MÄRKLIN hatte unter der Bestellnummer 4657 eine Nachbildung eines Säuretopfwagens im Programm. Dieses
Fahrzeug gehört also schon zur älteren Modellbahngeschichte. Es war recht schlicht konstruiert, knallorange
Töpfe leuchteten aus dem ansonsten rabenschwarzen Aufbau. Es ist unter Modellbahngesichtspunkten weniger zu
brauchen. Dafür ist es ein Wertobjekt unter Sammlern, je nach Topffarbe 50 bis 150 Mark. Es erschien
ohne Beschriftungstafeln auch als PRIMEX-Modell.
Bis vor einiger Zeit erhältlich war das Modell von LILIPUT, das aber auch als Privatfahrzeug wenig glaubwürdig
wirkte. Auf einem modernen Untergestell mit Doppelschaken-Laufwerk thronte ein Reichsbahnbremserhaus, das man
in jedem Fall entfernen oder eventuell gegen ein DB-Blechbremserhaus austauschen muss, wenn man den Wagen
einsetzen will. Zwar war in den Abnahmevorschriften der DB für Privatwagen noch Ende 1963 der Abschnitt über
Topfwagen enthalten, auch hat die DR noch 1966 eine Nachbauserie mit modernem Laufwerk aufgelegt, dennoch
dürfte das LILIPUT-Modell vorbildlos sein; mit einer LüP von 124 mm gibt es jedenfalls das eher gedrungene
Aussehen der Vorbilder nicht recht wieder - Bachmann war gut beraten, es nicht wieder auferstehen zu lassen.
Das bei weitem attraktivste von allen Säuretopfwagen-Modellen aus Serienproduktion war lange Zeit das von PIKO,
das einige Zeit nur noch als Auslaufmodell verzeichnet war, im Neuheitenprospekt 1994 aber wieder neu vorgestellt
wurde, diesmal mit DB-Beschriftung statt der bisherigen ostdeutschen, und mittlerweile ist es in einigen weiteren
Beschriftungsvarianten erhältlich. Das Modell ist zwar von der Konstruktion her nicht mehr das jüngste
(es wurde auf der Leipziger Herbstmesse 1964 vorgestellt), aber
von allen Abmessungen und der Ausführung her äußerst überzeugend, und der Fertigungsstandard von PIKO war
damals so hoch, dass es sich auch heute noch sehen lassen kann. PIKO hat sich auch die Mühe gemacht,
Haltevorrichtung und Laufstege vorbildgemäß nachzubilden. Eine Überarbeitung des Fahrzeuges kann natürlich
nie schaden; je nach Gusto kann man dabei am Fahrgestell Puffer, Bremssteller, Aufstiegs- und Rangierertritte
gegen Bauteile von WEINERT austauschen, am Aufbau die etwas trapezförmigen Streben rechteckig feilen und
Laternenhalter aus Messing anbringen; das Haltegestell für die Töpfe kann man aus Holzprofilen neu fertigen
(oder das vorhandene überkleben). Für die Epoche III könnte man das Bremserhaus entfernen (Bretterfugen an
der Stirnwand nachritzen) und durch eine offene Bremserbühne ersetzen - sofern man es schafft, das Bremserhaus
ohne Beschädigung des Wagens herunterzubekommen, aber diese Umbaumühe hat einen PIKO mittlerweile auch
schon abgenommen. Von wegen. Die Töpfe könnte man neu lackieren, da die von PIKO geradezu spiegelblank sind
(Humbrol 70 dunkelbraun, eventuell mit 100 oder 82 aufgehellt, auch grüne Töpfe oder graue sind denkbar).
Der zweitjüngste im Bunde ist das neue Modell von FLEISCHMANN. Wie von einem Produkt aus allerneuester
Produktion zu erwarten, ist die Feinheit der Streben und der Details wie z.B. der Nieten unübertroffen, da
merkt man, dass die Formen des PIKO-Modells schon zwei Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Auch die Länge ist
richtig: Mit einer LüP von 101 mm kommt das FLEISCHMANN den Vorbildern näher (das PIKO-Modell ist in Vergleich
zu seinem Vorbild eine winzige Spur zu lang). Dafür wirkt das Modell ungewöhnlich schmal, fast schon wie
ein Fährbootwagen, so dass das eher gedrungene Aussehen des Vorbildes trotz der Kürze nicht getroffen wird.
(Hier kann ich's ja laut sagen bzw. deutlich schreiben: Das FLEISCHMANN-Modell ist leider, leider misslungen!)
(Und ich muss es widerrufen: em 1996 hatte eine Maßtabelle veröffentlicht, danach wäre das Modell nur 0,5 mm zu schmal! Und das PIKO-Modell deutlich zu breit,
ebenso wie das abgekupferte von MÄRKLIN.)
Des Rätsels Lösung: Es fehlt der Laufsteg, der für die Bedienung der Töpfe unabdingbar ist, und
Aufstiegsleiter - das alles muss man in jedem Fall irgendwie nachrüsten, so dass m.E. das PIKO-Modell
immer noch nicht entthront ist. Und die Anschrift "Säuren und Laugen" bedarf, wie schon gesagt, einer Berichtigung.
Angesichts dieser üppigen Historie konnte die Zittauer Firma SACHSENMODELLE nicht zurückstehen, auch hier
erschien jetzt das angekündigte Modell. Es stellt eine Ausführung mit 10 Töpfen dar, die allerdings ziemlich
weit auseinanderstehen, das Fahrzeug ist daher nicht kürzer als das von FLEISCHMANN, offensichtlich wurde das
bekannte Kesselwagen-Fahrgestell verwendet, was sich natürlich günstig auf den Preis ausgewirkt haben dürfte.
Das Modell aus Sachsen wiederum hat, wie vorgeschrieben, Aufstiegsleiter und Laufstege, die Preiserlein bekommen
also keinen Ärger mit der Berufsgenossenschaft, wenn sie dies Fahrzeug entladen. Töpfe, Haltegestell und Steg
sind, ebenfalls kostensparend, in einem Stück gespritzt, das Fahrzeug hat also ein recht gutes
Preis-Leistungs-Verhältnis. Man sollte das Gestell farblich von den Töpfen absetzen und das ganze Ensemble
matt oder seidenmatt lackieren, damit die Töpfe ihren Spiegelglanz verlieren. Als Ladegut ist "Säuren"
angeschrieben, was mir aus den bereits genannten Gründen weniger gefällt. Aber da - siehe PIKO - Säuretopfwagen
ebenso wie Kesselwagen Beschriftungsvarianten herausfordern, kann man ja noch hoffen.
Anfang 2009 erschien von MÄRKLIN und TRIX ein neuer Säuretopfwagen. Die Abmessungen sind mit denen des PIKO-Modells identisch.
Hinsichtlich der Ausführung ist der dem über 40 Jahre (!) älteren Kollegen von PIKO natürlich überlegen.
So dass man - Stand von heute, 2013 - bei allem Respekt vor PIKOs Verdiensten feststellen muss, dass das MÄRKLIN/TRIX-Modell das derzeit beste ist.
Nachtrag Juni 2019: Das BRAWA-Modell eines Säuretopfwagens ist nun ausgeliefert. Ein solches Modell auf den allerneuesten Stand der Technik verweist
natürlich alles bisher da gewesene
auf die Plätze. Lediglich das Einfärben der Abschlüsse wäre nachzutragen. Neben der unten abgebildeten DB-Version sind zahlreiche ausländische
Varianten erschienen, die sich der Autor dieser Seite trotz aller Begeisterung für solche Wagen nicht leisten wird angesichts eines Preises von knapp unter € 50.
Kleinserienmodelle von Säuretopfwagen
Auch die Kleinserienhersteller haben sich immer wieder durch die Säuretopfwagen herausgefordert gefühlt.
Da gab es einmal eine Bausatzpackung von RAIMO, aus der sich gleich zwei Säuretopfwagen basteln ließen, einer
nach bayrischem, der andere nach eher späterem Vorbild. Diese Bausätze sind schon lange nicht mehr erhältlich,
aber wir erinnern dennoch gern an sie, weil sie einen Markstein in der Modellbahngeschichte darstellten: Wenn
jemals ein Bausatz nach dem Prinzip "oben hui, unten pfui" gefertigt war, dann dieser. Die Aufbauten aus
Weißmetallguss waren gut detailliert und passgenau. Das Fahrgestell hingegen bestand aus einer grob gravierten
Grundplatte mit angespritzten Puffern, an die seitlich die Langträger mit den Achshaltern angeklebt wurden.
Diese Teile waren stets so verzogen, dass man sich entscheiden musste, an welchem Ende man die Achshalter
gerade haben wollte, am anderen standen sie mit Sicherheit schief. Man musste bei diesen Bausätzen also, um
ein brauchbares Modell zu erhalten, ein fremdes Fahrgestell untersetzen, was angesichts des hohen Preises der
Bausätze kaum mehr hinnehmbar war. Außerdem fehlte auch hier das Haltegestell für die Töpfe. Dennoch, tauschte
man das Fahrgestell aus und fertigte das Haltegestell aus Messing oder Polystyrol an, erhielt man recht
ansprechende Modelle.
Heute noch erhältlich und von ganz anderer Art ist der Bausatz von BAVARIA (Nr. 2.03). Er besteht vollständig
aus geätzten oder gegossenen Messingteilen. Nach der Montage, die durch die Bauanleitung in einigen Punkten
eher erschwert als erleichtert wird, hat man ein wunderschönes Modell eines bayrischen Vorbilds auf dem Gleis
stehen. Bei diesen älteren Fahrzeugen war das Bremserhaus nicht vorm Aufbau angebracht, sondern stand statt
eines Topfes im Wagen, und die Tür schlug nach vorne auf. Die Bremsanlage ist komplett - fast funktionsfähig -
nachgebildet, schließt allerdings die Räder kurz, wenn man sie vorbildgerecht nahe am Radreifen anbringt,
zumal die Bremsklötze tatsächlich beweglich in den Hängeeisen gelagert sind! (Ich habe sie durch
Kunststoff-Bremsklötze von einem LILIPUT-Omm ersetzt, die wegen der fehlenden Hängeeisen ohnehin "übrig" waren.)
Mittlerweile (etwa 2002) ist auch das lange angekündigte Modell eines Schweizer
Säuretopfwagen bei BORN erschienen.
Modelle von Säurekesselwagen
Das Modell eines modernen Vorbildes hat ROCO im Programm. Modern heißt hier, dass solche Wagen etwa ab den
50er Jahren gebaut worden sind. Als Variante kann man mit einem Handgriff die Ablaufarmaturen entfernen, denn
auch viele neuere Kesselwagen werden mittels Druckluft entladen. 1992 erschien er auch mit der älteren
Ausführung der VTG-Emblems. Der Wagen hat allerdings keine Auffangrinne, wie sie die allermeisten
Säurekesselwagen aus Sicherheitsgründen aufweisen. Mit ein paar Stücken Polystyrolstreifen bzw. Rundstab
läßt sich dem aber zur Not abhelfen.
Ein Modell nach einem älteren Vorbild bot PIKO/PREFO. Dies Fahrzeug hat einen sehr schönen, aus zwei Schalen
zusammengenieteten eisernen Kessel. Solche Kessel dienen vor allem der Beförderung von Schwefelsäure und
Oleum, und diese Ladegutangaben sind auch werksseitig vertreten. Das Fahrgestell jedoch wies zu PIKO-Zeiten
einige Mängel auf. Die Achsen waren in einem Blechrahmen gelagert, auf die die Nachbildung der Lagergehäuse,
der Federn und der Schaken aufgesetzt war. Da sich Achshalterbleche, Beschwerungsplatte und Beschriftungstafeln
gegenseitig im Wege waren, klaffte zwischen Rahmen und Federböcken ein dicker Spalt, den man, wenn man die
Modelle aus alter Produktion aufarbeiten will, wie folgt verschwinden lassen kann: Modell auseinandernehmen.
Achslagerbleche so beschneiden, dass sie sich auch bei montiertem Kessel bis zum Anschlag im Rahmen
hochschieben lassen. Schraubt man das Modell nun ohne das Beschriftungsblech zusammen, sitzen die Federböcke
direkt unterm Rahmen. Das Blech mit der Beschriftung muss nun abgetrennt und stumpf auf dem Rahmen aufgeklebt
werden. Bremserbühne und Bedienungssteg auf dem Kessel kann man ggf. durch eine Neuanfertigung ersetzen.
Der alte Säurekesselwagen ist jetzt von SACHSENMODELLE wieder zu haben, und zwar mit einem völlig neuen
Fahrwerk, so dass die oben beschriebene Herrichtung entfallen kann. Außerdem ist er auch mit einem schwarzen
Kessel und mittlerweile in zahlreichen weiteren Farb- und Beschriftungsspielarten angeboten worden, einige
davon überzeugender als andere. So sollte man Hinweise auf die Beheizbarkeit des Kessels entfernen. Dieser
Typ von Kessel wurde allerdings auch zusammen mit einer Heizwanne verwendet, das wäre eine Variante, die zu
produzieren dem Hersteller nicht allzu schwer fallen sollte.
Das neueste derartige Fahrzeug ist der Chlorkesselwagen von KLEIN. Die Abdeckung über den Armaturen,
die für Chlor, Brom u.ä. Chemikalien vorgeschrieben ist, hebt ihn bei Vorbild und Modell aus dem Einerlei
der Kesselwagen heraus.
Ein weiteres wunderschönes Modell ist ebenfalls zu nennen: ELECTROTREN bietet einen exzellent gestalteten
modernen vierachsigen Säurekesselwagen an, der keinerlei Wünsche offenlässt - bis auf die Beschriftung, die
nämlich bei den meisten der vielen lieferbaren Varianten "entzündbare flüssige Stoffe" o.ä. als Ladegut
angibt (offensichtlich verkaufen sich Tankstellenlogos gut). Der relativ geringe Durchmesser des Kessels,
Auffangrinne und Ableitrohr sind aber untrügliche Kennzeichen eines Waggons für ätzende Chemikalien! Es gibt
aber auch brauchbare Versionen, nämlich die spanischen: "Acido fosfórico" steht dort als Ladegut
angeschrieben.
Von ROCO werden ebenfalls Modelle modernerer vierachsiger Säurekesselwagen angeboten, die alle das
gleiche (vorbildgetreue) Fahrgestell mit Innenrahmen benutzen. Das eine trägt einen isolierten Kessel
für Natronlauge, das andere einen Kessel für Schwefeldioxid, letzterer wäre auch für Chlor oder
Flusssäure geeignet.
Kleinserienmodelle sind ebenfalls erhältlich, und zwar von der Schweizer Firma BORN, eine Nachbildung
eines eidgenössischen Vorbildes. Es ist aus Messing gefertigt und auch als Bausatz erhältlich, allerdings
auch, wohl wegen der kleinen Auflage, nicht ganz billig. Angekündigt hat BAVARIA ein Modell eines Wagens mit
zwei kleinen Kesseln nach einem offensichtlich recht frühen Vorbild - siehe Messebericht 1998.
Tatsächlich erschienen ist dann aber einer mit einem Kessel, siehe Abbildung unten. 2012 habe ich von BAVARIA das Modell
eines preußischen Schwefelsäre-Kesselwagens bekommen.
Angesichts des so gut wie kompletten Angebotes an Behältertragwagen sei zum Schluss noch darauf verwiesen,
dass es auch pa-Behälter für den Transport ätzender Chemikalien gab (Abb. 18, siehe auch MIBA 10/96)
2009 ist das Jahr zweier Neuerscheinungen: Bei SAGI gibt es einen Wagen mit zwei Kesseln für Salpetersäure. Januar 2010 ist der von BRAWA
angekündigte sechsachsige Kesselwagen erschienen, ein wahres Supermodell. Allein die Drehgestelle! Hier sieht man, was möglich ist, wenn man die
Achslänge auf 23 mm verkürzt. Als Ladegut ist übrigens Natronlauge angeschrieben.
Betriebliches
Dem Transport von "Chemikalien" auch auf Ihrer Modellbahnanlage steht also nichts entgegen, Fahrzeuge
aller Epochen sind typisch vertreten, höchstens einen älteren vierachsigen Säurekesselwagen der Epoche
III-V oder einen Alukesselwagen der Epoche II/III könnte man sich noch wünschen. Angesichts der Vielzahl
vorhandener Fahrzeuge sollte es sich für einen Schriftenhersteller lohnen, Schilder mit den verschiedenen
möglichen Ladegütern herauszugeben, um eine Umbeschriftung zu erleichtern. Als "Kunden" am Ladegleis kommen
natürlich chemische Fabriken aller Art in Frage, Schwefelsäure ist die wichtigste technische Säure überhaupt
und wird z.B. bei der Herstellung von Farbstoffen, Textilien oder Düngemitteln verwendet; auch metallurgische
Betriebe sind mögliche Abnehmer. Wer so vernarrt in Säurekessel-und -topfwagen ist wie der Autor, wird daran
denken, die Herstellung von Modellsäure auf der Anlage zu installieren. Schwefelsäure wird aus Schwefel oder
aus Gips gewonnen, die natürlich auch angefahren werden müssen. Noch höher geht's, was den Säuretransport
betrifft, bei der Produktion von Salz- oder Salpetersäure oder auch Wasserstoffperoxid her, weil zu deren
Herstellung Schwefelsäure erforderlich ist, so dass man eine Anzahl Wagen je zum Antransport der Schwefelsäure
wie zum Abtransport des Endproduktes benötigt. Wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass die Säurewagen nur
für jeweils eine Chemikalie benutzt werden können (jedenfalls nicht ohne Zwischenreinigung), also die entladenen
Wagen nicht wieder für die Beladung am gleichen Ort bereitgestellt werden. Auch für die zuletzt genannten
Produkte ist die Anfuhr von Mineralien als Ausgangsstoff erforderlich (Kochsalz für Salzsäure, Salpeter oder
Nitrate für Salpetersäure), wobei vor allem K- oder KKt-Wagen beschäftigt werden können. Und Kohle, Koks oder
Heizöl für die Prozesswärme oder einfach zum Heizen werden auch gebraucht
- an Verkehr also kein Mangel!
Beschriftungen (Nachtrag)
Da geht es dann allerdings schon mal drunter und drüber. Als Beispiel sei das FLEISCHMANN-Modell mit dem kleinen, etwa 110 hl fassenden Kessel, Bestellnummer 5440.
Ein Kessel dieser Größe dient zum Transport von Schwefelsäure oder Oleum, siehe den bekannten SACHSENMODELLE-Kesselwagen.
So ist auch eine Variante, die Nr. 5440 01, beschriftet, eine ÖBB-Version.
Es gibt dann weiter eine sehr hübsche Ausgabe der DYNAMIT NOBEL AG. Da steht Natronlauge dran. Natronlauge wird in isolierten und beheizbaren Kesseln befördert. Bei
einer weiteren Version steht Chlor dran, auch Unfug, Chlor ist ein Gas, und es wäre nicht sehr ökonomisch, dafür so einen kleinen Kessel zu verwenden. Außerdem
fehlt dafür die Abdeckung des Domes, siehe die KLEIN-Chlorkesselwagen, und die Entladearmaturen sind zu viel. Eine weitere ÖBB-Version transportiert "Laugen",
nicht ausgeschlossen, aber auch nicht wahrscheinlich. Brom wäre eine glaubwürdige Variante, wenn man die Entladevorrichtung entfernt (Kessel für Brom dürfen
keine Öffnungen unterhalb des Flüssigkeitsspiegels haben.)
Die folgenden Aufnahmen sind nur eine kleine Auswahl aus den Hunderten von Fotos, die ich von ladungsspezifischen Kesselwagen über die Jahre hinweg gemacht habe.
Weitere Bilder kann man in der deutschen Abteilung meiner Eisenbahnfotografie finden.