Doppelte Kreuzungsweichen
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Kreuzungsweichen sind - wie der Name schon sagt - eine Kreuzung
von Kreuzung und Weiche. Im Gegensatz zur einfachen Kreuzung ist es bei
einer Kreuzungsweiche möglich, von kreuzenden ins gekreuzte Gleis
zu wechseln. Ist dies nur auf einer Seite möglich, so spricht man
von einer einfachen Kreuzungsweiche, kurz EKW, geht es auf beiden,
so handelt es sich um eine doppelte Kreuzungsweiche, abgekürzt
DKW.
Beide, einfache wie doppelte Kreuzungsweichen, kann man außerdem
noch danach unterscheiden, ob die Zungen innerhalb des Kreuzungsvierecks liegen oder nicht. Tun sie es, so spricht man von einer
Kreuzungsweiche mit innen liegenden Zungen. Sie wurde zunächst in
England entwickelt und wird daher in manchen Ländern, z.B.
Frankreich, als "englische Kreuzungsweiche" bezeichnet. Diese
Typen werden wir uns zunächst ansehen, zu denen mit
außenliegenden Zungen, die vor allem bei uns verbreitetet sind
und daher auch "deutsche Kreuzungsweiche" genannt werden, kommen
wir später.
EKW und DKW 190-1:9
Legt man die Zeichnung der Weichen aus Heft 5/93 und die der
Kreuzung aus Heft ... übereinander, stellt man fest, dass die
beiden geometrisch sehr eng verwandt sind. Tatsächlich sind die
Endteile, d.h. Herzstück und Radlenker, beim Vorbild identisch,
wie wir schon bei der Kreuzung gezeigt hatten, und die verschiedenen abgeleiteten Neigungen 1:7,5 und 1:6,6 können beliebig und
auf beiden Seiten hergestellt werden.
Dieses Baukastenprinzip führte die Reichsbahn 1929 mit den neuen
S49-Weichen ein. Bei den Länderbahnen waren die Verhältnisse
etwas komplizierter, bei einigen Bahnen benutzten Weichen und
Kreuzungsweiche dieselbe Geometrie, nicht nur der Abzweigwinkel,
sondern auch der Radius waren gleich:
Preußen EKW/DKW 140-1:7 zur EW-140-1:7
EKW/DKW 245-1:10 zur EW-140-1:10
Andere legten jeweils verschiedene Radien zu Grunde:
Theoretisch hätte die DRG zu jeder Weiche mit geraden Herzstück,
also mit vorm Herzstück endenen Abzweigbogen, eine passende
Kreuzungsweiche mit innenliegenden Zungen entwickeln können, also
z.B. eine DKW-500-1:12. Daran bestand aber wohl nie Bedarf, zumal
es nicht einmal eine Kreuzung 1:12 gibt. (Mit den 500-m-Weichen wurden Kreuzung und Kreuzungsweichen 1:9 kombiniert.)
Die Bundesbahn
allerdings hat einmal von dieser Möglichkeit gebraucht gemacht:
Eigens für den Rangierbahnhof Maschen wurde eine EKW-850-1:18,5
entwickelt (es gibt bzw. gab sie nirgendwo sonst). Sie ist praktisch eine
Ableitung der EW-760-1:18,5 mit etwas vergrößertem Radius. Es
gibt sie nur auch als EKW, nicht als DKW.
Außen liegende Zungen
Daß die Kreuzungsweichen mit außen liegenden Zungen andernorts als
deutsche Spezialität angesehen wurde, haben wir schon erwähnt.
Die erste wurde allerdings in Österreich gebaut. Zweck dieser
Konstruktion war es, die vorhanden steileren (und betriebssichereren) Kreuzungswinkel wie etwa 1:9 zu benutzen und dennoch
größere und schneller befahrbare Abzweigradien zu erhalten. Das
sieht man am deutlichsten an der einzigen heute noch in
Deutschland vorkommenden Kreuzungsweiche mit außen liegenden
Zungen, der DKW-500-1:9, im Vergleich zur DKW-190-1:9. Die 500 m
Radius können mit 60 km/h befahren werden. Diesen Vorteil bezahlt
man mit einer Baulänge von 54 m und einer aufwändigen Technik,
den komplizierten zweifachen und dreifachen Herzstücken.
DKW und EKW-500-1:9 erschienen erst 1935 als Gegenstück zur
EW-500-1:12/1:9. Sie waren die erste Reichsbahnweichen, die
nicht mehr Gelenkzungen oder Federzungen, sondern Federschienenzungen benutzte. Und sie blieben auch eine ganze
Weile die einzigen, denn allgemein wurde die Federschienenzunge bei den Reichsbahnweichen erst 1952
eingeführt.
EKW- bzw. DKW-300-1:9
Bereits 1929 jedoch entstanden EKW und DKW-300-1:9. Sie waren
zunächst das Gegenstück zu den Weichen mit 300 m, aber auch mit 500 m Radius.
Seit Ende der 70er Jahre wurden sie auf dem Gebiet der DB nicht mehr neu eingebaut und nicht mehr
unterhalten. Grund hierfür war die Tatsache, dass die Zungen
dieser Kreuzungsweiche so kurz waren, dass für eine Alternative
zur verschleißanfälligen Gelenkzunge kein Platz war. So sind sie
heute ausgestorben, ersetzt entweder durch DKW-190-1:9 oder durch
DKW-500-1:9. Anders auf dem Gebiet der früheren DR: In der Südeinfahrt des Bahnhofs Merseburg liegen
auch heute noch gleich zwei hintereinander (und eine dritte teilstillgelegte).
Das besondere an diesen Kreuzungsweichen war, dass der Nennradius
von 300 m nur für den Bereich der Zungen benutzt wurde, im
Mittelteil ist der Radius größer: etwa 540 m bei der DKW. Bei der
EKW wurde ein Radius von 1100 m zwischengeschaltet. Die DKW ist
also nicht einfach wie sonst eine gespiegelte EKW.
Früher allerdings waren diese Kreuzungweichen recht häufig, man kann sie auf
vielen älteren Aufnahmen entdecken, beispielsweise lag eine in
Marburg unterhalb eines beliebten Aufnahmestandpunktes.
EKW und DKW-190-1:6,6
Auch bei diesen Kreuzungweiche hat das Verbindungsgleis nicht auf
der ganzen Länge den Radius von 190 m: In der Mitte ist ein
gerades Stück von 6 m Länge eingeschaltet. Auch diese Weichen sind
bei der DB nicht mehr zu finden. Anders bei der DR, die sie
modernisierte und bis zu Vereinigung der beiden deutschen
Bahnverwaltungen noch verwendete. Die EKW's zum Beispiel finden
man noch heute in Dresden-Friedrichsstadt, die DKW auf dem Foto
allerdings ist ausgebaut.
Einige DKW-49-190-1:1:6,6 sind bei Industriebahnen gelandet und haben dort bis heute überlebt.
So liegt noch eine in Bremen im Gewerbegebiet Bremer Kreuz in der Zufahrt zu den Vitakraft-Tierfutterwerken!
Ein paar Worte noch zu der Bezeichnung "Bäselersche Kreuzungsweiche", die u.a. ROCO in der Werbung für die DKW
mit außen liegenden Zungen verwendet hat. Bäseler war der Ingenieur, der die
Entwicklung der neuen Weichen nach der Entstehung der Deutschen
Reichsbahn leitete. Eine sehr steile Kreuzungsweiche mit außen liegenden Zungen war ihm ein besonderes Anliegen, mit ihr sollten
Gütergleise Platz sparend miteinander verbunden werden. Ein Weg,
dieses Ziel zu erreichen, war, die mittlere Schiene von beiden
Verbindungsgleisen gemeinsam benutzen zu lassen. Auf diese Lösung
hielt Bäseler ein Patent. Aber die Fachwelt wies ihm bald die
Schwächen dieser Bauweise nach: Die Verbindung zwischen der
gemeinsamen Schiene und den anschließenden Gleisen war schwer zu
bewerkstelligen, und bei einseitiger Abnutzung entstanden Stufen.
Bäseler sah's ein, und so erschien die steile Kreuzungsweiche
190-1:6,6 wie oben vorgestellt, mit zwei (angefrästen) Schienen
in der Mitte, aber sie basierte auf einer parallel entstandenen
Konstruktion der Mannheimer Firma Vögele und war eben keine
Bäseler'sche Kreuzungsweiche, die gab es beim Vorbild nicht in
Serie. Aber die Firma ROCO hat in gewisser Weise das Bäseler'sche
Patent für ihr Modell in Anspruch genommen, so dass die
Bezeichnung so falsch denn auch wieder nicht ist.
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