Güterwagen mit Westinghouse-Bremse

Dieser Artikel erschien im "HP1" (im richtigen). Spätere Aktualisierungen, z.B. wegen neuer Modelle, sind rot gekennzeichnet. Letzte Aktualisierung: 5. August 2009.

In vielen europäischen Ländern war, anders als in Deutschland, die Westinghouse-Güterzugbremse üblich, die sich von der hierzulande üblichen Knorr-Bremse sichtbar vor allem durch die Umstelleinrichtung unterscheidet. Da eine Zeichnung des Umstellschildes nirgendwo zu haben war, musste man sich bei der Herstellung der Schilder aufs Gefühl verlassen. Als ich jedoch weiland in Möckmühl einen Güterwagen mit Westinghouse-Bremse fand, der offensichtlich einmal ein DB-Gl90 und somit ein ehemals polnischer Güterwagen war, keimte der Entschluss, die Schilder maßstabsgerecht anzufertigen, zunächst auf Karton gedruckt. Und als ich auf dem Millenniums-Treffen in Kassel Gerd Kuswa kennenlernte, gedieh dieser Entschluss zur Serienreife: Ich ließ die Schilder ätzen!

Was sind nun die Kandidaten für eine Westinghouse-Bremse? Zunächst mal genuin polnische Güterwagen, denn bei denen wurde diese Bremsbauart bis nach dem zweiten Weltkrieg eingebaut. Einziges echt polnisches Güterwagenmodell ist zunächst der Kdf von PIKO, der heute nur als G90 angeboten wird. Aber der Wagen ist auf Flohmärkten oder bei ebay gut zu bekommen. Seit 2006 gibt es bei KLEIN Modelle des 1950 gebauten 7K, dessen Vorbild ebenfalls eine Westinghouse-Bremse hatte. Weitere Modelle, die sich zumindest zu echten Polen erklären lassen, sind die Modelle der Säuretopfwagen von PIKO und SACHSENMODELLE.

Auch den "Om21" von PIKO gab es als Wddo der PKP. Laut Carstens - Güterwagen Band 3 - ist er gar kein Om21, sondern ein Om12 der letzten Bauausführung, aber auch damit ist er (Bauzeit 1923 - 1928) noch zu jung, als dass er im ersten Weltkrieg im neu entstandenen Polen hätte bleiben können. Doch halt: Im Abschnitt über den Om90 steht zu lesen, dass die Polen in den zwanziger Jahren einen mit dem Om12 der letzten Ausführung praktisch baugleichen Wagen anschafften, der dann später als Om90 wieder zur DB kam. Also: der Wagen hat ein echtes polnisches Vorbild. (Übrigens: 1947 ließen die PKP einen dem Om21 überaus ähnlichen Wagen bauen, den Wdda, Typ 1W, aber der hatte nur Luftleitung.)

Wie schon gesagt: Diese Wagen kamen in Folge der Kriegsereignisse auch zur DB, wo sie als G90 bzw. Om90 eingereiht wurden. Auch der V90 von Fleischmann gehört in diese Rubrik. Und auch bei der DB hatten Sie natürlich ihre Westinghouse-Bremse.

Die zweite Gruppe sind deutsche Verbandsgüterwagen, die ja zunächst keine durchgehende Bremse hatten und, soweit sie im 1. Weltkrieg in Polen blieben, dort eine Westinghouse-Güterzugbremse verpasst bekamen. Dies könnte man in 1 zu 87 nachahmen, wenn es diese Modelle denn mit polnischer Beschriftung gäbe. PIKO hat früher den R10 auch als polnischen Pdk angeboten, aber der Wagen ist - abgesehen vom etwas zu kurzen Radstand - für heutige Ansprüche schlichtweg zu massig. Da es fast alle Verbandsbauarten im Modell gibt (außer dem S14) und osteuropäische Beschriftungen in Mode kommen, lässt sich da ja noch auf Zuwachs hoffen. Diesen Zuwachs hat es gegeben, siehe die Polenseite, massenhaft Modelle!

Deswegen sei bei dieser Gelegenheit auch klar gestellt, welche Polen keine Westinghouse-Bremse hatten: der Wddo von PIKO (Best.-Nr. 58040) ist ein "Villach", der "Wddo" von Klein (5058) ein "Klagenfurt" oder der PKP-Nachbau Typ 2W von 1946, der Kdt von Liliput (240019) ein "Oppeln", alle diese Wagen hatten (Hildebrandt-)Knorr-Bremsanlagen. Sie kamen ja auch erst in Folge des II. Weltkrieges zur PKP.

Die dritte Gruppe sind die eben die Verbandsbauarten, die nach dem 1. Weltkrieg in Polen blieben, im zweiten Weltkrieg von der DR wieder einkassiert wurden und sich dann schlussendlich bei der DB wiederfanden. Wegen der "fremden" Bremse wurden sie nicht wieder in ihre ursprünglichen Gattungsbezirke eingeordnet, und so blieb es auch bei der DB. Ehemalige Om12, O10, O11, G10, H10 z.B. wurden zu Om90, O90, G90 oder H90. Sie sind leicht herzustellen, da nur die Baureihennummer und die eventuell die Betriebsnummer geändert werden müssen, den die 90er hatten meist andere Nummernkreise als die Ursprungsbauart. Na, und eben das Westinghouse-Umstellschild brauchen sie. Theoretisch könnte es alle Verbandsbauarten mit polnischer Westinghouse-Bremse gegeben haben.

Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten: In Minden steht ein Güterwagen, der einem G10 täuschend ähnlich sieht. Er hat eine Westinghouse-Bremse, aber auf tschechisch! Ein weiteres großes Betätigungsfeld sind niederländische Güterwagen, die hatten auch eine Westinghouse-Bremse, wovon man sich im Museum in Utrecht überzeugen kann. Im Modell also z.B. mangels besserem der bekannte viertürige offene Güterwagen von PIKO. Die NS behielten diese Bremsbauart auch noch bei den UIC-Standard-Güterwagen bei, allerdings hatten die ein etwas kleineres Umstellschild.

Die Schilder gibt es bei Gerd Kuswa, für FREMO-Mitglieder auch bei mir.

Die Modelle der niederländischen Gedeckten von ARTITEC waren meines Wissens die ersten Serienmodelle mit Nachbildung der Westinghouse-Bremse. Allerdings sind die Schilder auf beiden Seiten gleich groß, was nicht dem Vorbild entspricht. Bei dieser Art der Westinghouse-Bremse liegen die beiden Wellen übereinander, deswegen ist das eine Umstellschild länger als das andere. (Bei den Bremsen der DB liegen die Wellen nebeneinander, daher sind die Schilder auf der einen Seite gegenüber der anderen etwas versetzt.)

Übersicht Fotos
201533
ehemals polnischer Gl90
206531A
Westinghouse-Bremse
206530AA
Die eine und...
206528
...die andere Seite
229934A
Niederländischer GTUW
Umstellschild GTUW
229936
Niederländischer S-CHR
230005
Niederländischer Gs
178929
Niederländischer Gs
Niederländischer Gbs
Westinghousebremse tschechisch
Piko Kdf
PIKO-Modell des PKP-Kdf
L9920249
Artitec S-CHR
R8_L9930286
Artitec GTUW